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Hat mein Kind Heuschnupfen, Asthma oder Corona?
Expertin Prof. Dr. Monika Gappa erklärt die feinen Unterschiede
Düsseldorf, 13.05.2022 - Der Mai ist Pollenflugzeit. Zusätzlich zu Corona erkranken wieder mehr Menschen an Heuschnupfen und allergischen Reaktionen. Wer schon länger daran leidet, weiß, wie sich Heuschnupfen, eine Allergie oder Asthma anfühlen. Was aber, wenn ein Kind, das bisher nicht von Allergien geplagt oder an Asthma erkrankt ist, plötzlich krank ist? Woran erkenne ich, ob mein Kind Corona, Heuschnupfen oder Asthma hat?
Prof. Dr. Monika Gappa (58) ist Kinderpneumologin und Expertin für Allergien, Lungenerkrankungen und Asthma. Die Chefärztin der Kinderklinik im EVK Düsseldorf ist u.a. aktuell Vizepräsidentin der Europäischen Lungenfachgesellschaft (European Respiratory Society). Sie erklärt, woran sich Heuschnupfen, Asthma und Corona unterscheiden lassen und was bei einer Pollenallergie wichtig ist.
Prof. Dr. Monika Gappa: Viele sind geimpft, noch ist die Inzidenz der SARS-CoV-2 Infektionen bei Kindern und Jugendlichen aber hoch. Mittlerweile ist klar, dass Impfungen zwar vor einem schweren Verlauf schützen, gegen die Infektion mit der Omikron-Variante aber keinen sicheren Schutz bieten.
Mit Beginn der Pandemie gingen akute infektiöse Atemwegserkrankungen und Asthmaanfälle deutlich zurück – auch durch die eingeführten Hygieneregeln mit Abstandsgeboten, Vermeiden von Menschenansammlungen und der Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasenschutzes. Mit der Öffnung der Kindergärten und Schulen hat die Zahl der Infektionen deutlich zugenommen. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass wir seitdem auch in den Kinderkliniken wieder mehr Kinder und Jugendliche mit Atemwegserkrankungen sehen. Wenn die Betroffenen dabei positiv auf das Coronavirus getestet werden, sind sie allerdings meist nicht durch das Coronavirus krank, sondern der positive Corona-Test ist ein Zufallsbefund. Schwere Lungenerkrankungen wie bei Erwachsenen gibt es so gut wie gar nicht bei Kindern.
Prof. Dr. Monika Gappa: Bei einer Infektion mit der Omikronvariante des Coronavirus hat ein Kind meist typische Erkältungssymptome wie Halsschmerzen und eine heisere Stimme, viele fühlen sich insgesamt krank und schlapp. Fieber oder eine leicht erhöhte Temperatur gehören nicht zu einer allergischen Erkrankung, das wäre ein Zeichen für eine Infektion. Eine Coronainfektion tritt außerdem unabhängig vom Wetter auf – also auch an den Tagen, an denen z.B. Regen den Pollenflug erschwert – und klingt meist nach wenigen Tagen wieder ab.
Prof. Dr. Monika Gappa: Allergien haben in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen. Mehr als ein Drittel aller Menschen haben im Verlauf ihres Lebens allergische Symptome. Am häufigsten ist die allergische Rhinokonjunktivitis, umgangssprachlich der Heuschnupfen. Mit Heu hat diese Erkrankung wenig zu tun. Typisch ist das Jucken von Augen und Nase, Tränen der Augen, Niesen und Fließschnupfen. Die häufigsten Auslöser sind im Frühjahr Baumpollen, vor allem die Birke, davor Hasel, Anfang Mai Buche oder Eiche; später dann Gräserpollen, Beifuß oder Pilzsporen. Wenn die Symptome das ganze Jahr bestehen, ist es meist eher eine Hausstaubmilbenallergie oder auch eine Tierhaarallergie.
Prof. Dr. Monika Gappa: Bei einer Pollenallergie kommt es zu einer Überempfindlichkeitsreaktion des Körpers. Die Pollen werden durch die Luft geweht und kommen so in Kontakt mit der Schleimhaut. Wenn die Pollenallergene vom Körper erkannt werden, setzt dies eine Immunreaktion in Gang mit Ausschüttung bestimmter Botenstoffe und Entzündung der Schleimhaut, die den Juckreiz, das Niesen, die Schwellung der Nasenschleimhaut und den Schnupfen erklären. Die Symptome können mit Antiallergischen Medikamenten, z.B. nicht müde-machenden modernen Antihistaminika behandelt werden, sowie mit entzündungshemmendem cortisonhaltigem Nasenspray. Die einzige ursächliche Behandlung ist eine spezifische Allergenimmuntherapie (Hyposensibilisierung), mit der das Immunsystem an das Allergen langfristig gewöhnt wird, so dass die Beschwerden abnehmen und weniger Medikamente erforderlich sind. Die Neigung, allergische Erkrankungen zu entwickeln, ist dabei sowohl durch genetische Vorbelastung als auch durch Umweltfaktoren erklärt. Zu den Umweltfaktoren gehören z.B. Tabakrauch (auch schon während der Schwangerschaft), aber auch Luftverschmutzung durch Autoabgase und Industrie.
Prof. Dr. Monika Gappa: Allergische Rhinitis und allergisches Asthma gehören zu den sogenannten atopischen Erkrankungen. Atopie bedeutet die Neigung des Organismus, bei bestimmten Reizen mit einer Überempfindlichkeitsreaktion zu antworten. Neben den Atemwegen können z.B. die Haut und der Magen-Darm-Trakt betroffen sein. Dabei werden die allergische Rhinitis und Asthma häufig als Komponenten einer allergischen Atemwegserkrankung betrachtet.
Die Beschwerden bei einer allergischen Rhinitis oder bei Asthma bestehen – im Gegensatz zu Corona - meist über mehrere Wochen. Asthma ist die häufigste langfristige (chronische) Erkrankung bei Kindern. Anders als bei Erwachsenen ist Asthma bei Kindern und Jugendlichen fast immer allergisch bedingt. Typische Symptome bei Asthma sind trockener Husten, pfeifende Atemgeräusche, Atemnot und Zunahme der Symptome bei sportlicher Aktivität.
Prof. Dr. Monika Gappa: Akute Symptome können mit dem sogenannten Notfallspray behandelt werden, das innerhalb von wenigen Minuten eine Erweiterung der Atemwege bewirkt. Erkältungsviren lösen auch Asthmaanfälle aus. Deshalb haben gerade Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Asthma Sorge, dass eine COVID Erkrankung gefährlich sein könnte. Dafür gibt es bislang keinen Anhalt: Wichtig ist, dass Asthmamedikamente und insbesondere die Inhalation von cortisonhaltigen, entzündungshemmenden Medikamenten regelmäßig angewendet werden. Wenn die Schleimhaut durch die Inhalation gut geschützt ist, haben sowohl Viren als auch Allergene weniger Chance, die sogenannte Schleimhautbarriere zu durchdringen und zu einer Infektion oder einem allergischen Asthmaanfall zu führen.
Prof. Dr. Monika Gappa: Wenn Symptome von Asthma in der Pollenflugzeit auftreten, sollten Eltern mit ihrem Kind zum Hausarzt gehen. Sinnvoll ist es auch, frühzeitig einen in der Allergologie oder Kinderpneumologie erfahrenen Kinder- und Jugendarzt zu kontaktieren, um die erforderliche Diagnostik (Allergietest, Lungenfunktion) durchzuführen und eine schützende Behandlung zu beginnen.
Eine Asthmadiagnose bedeutet für ein Kind nicht, dass es den ganzen Tag zu Hause sitzen muss. Im Gegenteil ist es unser Ziel, ein Leben ohne asthmabedingte Einschränkungen zu ermöglichen. Dafür gibt es mittlerweile hervorragende Medikamente vom leichten bis zum schweren Asthma.
Im Moment ist es besonders für Kinder mit Allergien oder Asthma sinnvoll, Masken zu tragen - auch wenn gerade bei allergischer Rhinitis das Tragen einer Maske über Mund und Nase störend sein kann. Allergiker können sich damit trösten, dass die Masken gleich doppelt schützen: vor Pollen und vor Viren!